Navigation auf uzh.ch

Suche

Seminar für Griechische und Lateinische Philologie

Monica Niederer

Der Sankt Galler Botanicus – ein pharmazeutischer Gebrauchstext aus dem Frühmittelalter

Gegenstand dieses Dissertationsvorhabens ist ein botanisch-pharmazeutischer Text, der sich in der Handschrift 217 der Stiftsbibliothek St. Gallen inmitten eines medizinischen Kompendiums findet, das aus dem 9. Jh. und aus Oberitalien stammt. Wichtigste Grundlage ist der Herbarius des Pseudo-Apuleius aus dem 4. Jh.; auf diese spätantike Lehrschrift gehen 36 der insgesamt 62 Pflanzenbeschreibungen zurück. Die Sprachform des Sankt Galler Botanicus hat stark vulgärlateinisch-vorromanisches Gepräge, ist somit nicht allein unter botanischem und pharmaziegeschichtlichem, sondern auch unter sprachwissenschaftlichem Blickwinkel von Interesse. Hauptziel des Forschungsprojektes ist die allseitige Kommentierung dieses interessanten Textes, verbunden mit einem Textdruck, allenfalls mit einer kritischen Neuedition. Folgende fünf Aspekte sind dabei vorrangig:

Textverständnis / Übersetzung

Der Botanicus ist in volkstümlich-literaturfernem Latein geschrieben; als Fachtext, der sich an Kenner der Materie richtet, ist er knapp gehalten und auch aus diesem Grunde vielfach schwer verständlich. Dem Text wird daher eine deutsche Übersetzung an die Seite gestellt, auch wird er mit einem Apparat von Anmerkungen zur Erleichterung des Verständnisses versehen.

Überlieferungsumstände

Die Überlieferungssituation ist näher ins Auge zu fassen. Es soll versucht werden, die Herkunftsregion näher einzugrenzen, die genaueren Umstände der Niederschrift – Anzahl der Hände und deren Wechsel, Textgliederung, etwaige Lücken u. a. m. – zu bestimmen sowie auch die Gründe zu ermitteln, die zur Eingliederung des Textes in die medizinische Sammelhandschrift geführt haben.

Sprachwissenschaftliches

Eine ins Einzelne gehende linguistische Untersuchung soll, wenn möglich, dazu führen, den Text genauer zu datieren und zu lokalisieren. Das verwendete botanisch-medizinische Fachvokabular soll näher ins Auge gefaßt und – u. a. durch Vergleich mit etwa gleichzeitigen Texten und auf dem Hintergrund der aus der Antike bekannten Fachterminologie – charakterisiert werden. Wichtig sind auch nicht-lexikalische Ingredienzien der Fachsprache.

Inhalt / Form / Textorganisation

Es ist – vor allem durch Vergleich mit Pseudo-Apuleius – zu ermitteln, welche Pflanzen bzw. Rezepte ausgewählt worden sind, wo die Unterschiede in der Behandlung liegen, und von welcher dritten Seite diese allenfalls herrühren könnten. Auf der Ebene der Sachkommentierung sind verschiedene Einzelprobleme zu erörtern, so die Identifikation der Pflanzen, der Aufbau der einzelnen Rezepte sowie der des ganzen Textes.

Anwendung des Botanicus

Dieser der Gebrauchsliteratur angehörende und der Wissensvermittlung in ganz praktischen Belangen dienende Text muß auch auf die ihm zugedachten Funktionen hin befragt werden. Es geht um die Art und Weise, wie der Redaktor das Sachwissen aufbereitet hat und wie er es an den Leser heranträgt.

NIEDERER, Monica. Der St. Galler Botanicus. Ein frühmittelalteriches Herbar. Kritische Edition, Übersetzung und Kommentar. (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 38). Bern: Peter Lang, 2005

Weiterführende Informationen

Title

Teaser text