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Seminar für Griechische und Lateinische Philologie

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Vom Gott geheilt: Tempelmedizin in der griechisch-römischen Antike (1874)

Laura Gemelli
Mi 10:15 – 12:00
KOL-G-220

Bei Ägyptern und Babyloniern war die Heilkunst ohne den Eingriff eines Gottes undenkbar. Die Therapie konnte erst dann erfolgreich sein, wenn sie im Rahmen eines entsprechenden Rituals angewendet wurde. Priester waren auch Ärzte und waren meist mit einem Tempel verbunden. Große Heiligtümer wie z.B. diejenigen der babylonischen Heilgöttin Gula sind in Griechenland vor dem 5. Jh. v.Chr. nicht belegt. Seit dieser Zeit verbreitet sich aber der Kult des Asklepios, des Gottes, der im Schlaf heilt. Die berühmtesten Asklepieia befanden sich in Epidauros, Kos und Pergamon, aber fast jede wie auch immer kleine Stadt besass ihr Asklepiostempel. Mehrere Inschriften sowie literarische Werke wie die Heiligen Reden des kaiserzeitlichen Rhetors Ailios Aristeides, der sich lange im Asklepios-Tempel von Pergamon aufgehalten hatte, legen Zeugnis für die Wirkung, den Erfolg und die Heilmethode des Gottes ab.

Neben Asklepios heilen aber auch andere Götter, wie z.B. die ägyptischen Götter Isis und Serapis, deren Kult sich seit der hellenistischen Zeit einer grossen Gunst erfreute. Heilung durch Inkubation fand ferner an anderen wenig berühmten, kleineren Heiligtümer, wie z.B. an den Orakelstätten des Amphiaraos in Oropos und des Kalchas am Monte Gargano und am Plutonium in Acharaca in Karien, statt.
In der Vorlesung wird anhand der archäologischen Befunde und der epigraphischen und literarischen Quellen versucht, den sozio-religiösen Kontext der verschiedenen Heilkulte und ihre Bedeutung für das Leben der Individuen zu verstehen.

Es wird ferner anhand des Vergleichs mit den antiken medizinischen Texten versucht, die Beziehung zwischen Tempelmedizin und ärztlicher Therapie zu erklären.

Der Vergleich mit den Wunderheilungen in den modernen Heiligtümern, die Berührungspunkte mit den antiken zeigen, sowie mit psychologischen Therapien, die mit der Inkubationspraxis der antiken Heilkulte etwas gemeinsam haben, wird ermöglichen, über das Phänomen der "göttlichen Heilung" tiefer nachzudenken.

Kenntnisse in Griechisch und Latein sind erwünscht aber nicht unentbehrlich (die jeweiligen zu behandelnden Texte werden in Photokopien ausgeteilt und mit Übersetzung versehen). Allgemeine Kenntnisse der griechischen und römischen Religion, Geschichte und Kultur werden aber vorausgesetzt.