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Seminar für Griechische und Lateinische Philologie

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„Platons Euthydemos“ – in memoriam Prof. Dr. Walter Burkert (1931-2015) (2191)

Carlotta Viti (carlotta.viti@sglp.uzh.ch)
Mo 14:00 – 15:45
RAG-105

Information für BA- und MA-Studierende: Linguistische Seminare setzen im BA zwei Linguistik-Vorlesungen und ein Linguistik-Proseminar voraus. Je nach Studienprogramm werden unterschiedliche Seminare verlangt (s. Wegleitung/Studienordnung). Der Leistungsnachweis wird durch RE „Referat“ (und je nach Teilnehmerzahl durch SA „Schriftliche Arbeit“) erbracht, je nach Modul können 3 (ohne RE/SA) oder 6 Kreditpunkte erworben werden. Die Arbeit kann während des Folgesemesters geschrieben werden, wenn Sie das zweisemestrige Modul buchen.

Dieses Seminar diskutiert den platonischen Dialog „Euthydemos“ und ist eine Hommage an Herrn Prof. Dr. Walter Burkert, der uns neue, bedeutende Einblicke sowohl in der Literatur- und Religionswissenschaft als auch in der Sprachphilosophie des Altgriechischen eröffnet hat. So z.B. zeigte Walter Burkert auf, wie griechische Texte schon vor der klassischen Periode östliche Leitmotive aufnehmen, bei denen der Dichter oder Philosoph sich als eine Art „Schamane“ vorstellt und seine Kenntnisse der Natur und der Magie einem kleinen, ausgewählten Personenkreis nach einem Initiationsprozess und in einer obskuren Ausdrucksweise weitergibt. Dieses Obskure, diese Ambiguität wird geschaffen mit Mitteln der Synonymie und der Homonymie und mit Metaphern. Durch Alliterationen, Repetitionen und onomatopoetische Figuren wird mit dem Laut der Wörter gespielt, wobei volksetymologische Assoziationen kreativ im Wortschatz eingeflochten werden. Diese Sprache spiegelt eine alte mündliche Kultur wieder, in der das Wort eine besondere Macht hat und mit seinem außerlinguistischen Referenten durch eine transparente und motivierte – nicht bloß arbiträre – Beziehung verbunden ist. Diese Macht des Wortes wird in der griechischen Tradition – in einem verschiedenen sozialen und kulturellen Kontext – besonders von den Sophisten benutzt, die durch ihre Technik der Eristiké bekanntlich ihr Publikum gleichermaßen von zwei entgegengesetzten Ideen überzeugen konnten. Die Eristiké ist eben das Hauptthema des „Euthydemos“. Im Seminar werden wir einerseits den ganzen Dialog linguistisch auf den verschiedenen Ebenen nach phonologischen, morphologischen, syntaktischen, semantischen und pragmatischen Gesichtspunkten analysieren. Andererseits werden wir Parallelen für die linguistische Ambiguität der Sprache der Sophisten in Texten östlicher Sprachen wie im Indoiranischen wie auch – in der semitischen Sprachfamilie – im Akkadischen und im Biblischen Hebräischen zeigen. Als Seminararbeit wird ein linguistischer Kommentar zu einer Stelle aus dem Euthydemos als mündliches Referat verlangt.

Literaturverzeichnis
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