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Seminar für Griechische und Lateinische Philologie

FS09

Lehrveranstaltungen Herbstsemester 2009

Vorbesprechung: Donnerstag, 28. Mai 2009, 18:15,
im Mittellateinischen Seminar, KO2 F 156

Einführung in das Studium der lateinischen Sprache und Literatur des Mittelalters

(Proseminar)
Philipp Roelli
Mi 14–16

Dieser Kurs in lateinischer Mediävistik hat zum Ziel, eine solide Grundausbildung für weitere Studien des (lateinischen) Mittelalters zu schaffen. Anhand eines weitgehend bibliographisch ausgerichteten Skriptums werden wir sprachliche und literarische Themen je in einer Doppelstunde erarbeiten.

Zuerst werden sprachliche Hilfsmittel vorgestellt, dann Handschriften und deren Bearbeitung (wenn zeitlich möglich mit einer Handschriftenexkursion in die Zentralbibliothek) bis hin zur Erstellung einer kritischen Textausgabe. In der zweiten Semesterhälfte werden wir uns vornehmlich mit Literatur, bzw. Literatur-gattungen beschäftigen: von der lateinischen Bibel bis hin zur Rhetorik und Dichtung.

Bei alledem werden wir immer wieder praktische Textbeispiele antreffen, um unser eigentliches Studienobjekt – lateinische Texte – nicht aus den Augen zu verlieren. Von Stunde zu Stunde werden kleine Hausaufgaben verteilt. Da unsere Zeit für eine einigermassen vollständige Behandlung des Stoffes sehr knapp ist, wird auf Studentenvorträge verzichtet. Schriftliche Arbeiten sind möglich, aber nicht obligatorisch.

Literatur (zur Information)
- Skriptum des Vorjahres (pdf)

Literaturgeschichte im Überblick V: Spätmittelalter

(Vorlesung mit Lektüre)
Carmen Cardelle de Hartmann
Mi 10
12

Im Spätmittelalter versiegt oder vermindert sich die Produktion lateinischer Schriften in Gattungen wie der Epik, der weltlichen Lyrik oder dem geistlichen Spiel, in denen die Volkssprachen als Literatursprachen die Oberhand gewinnen. In der lateinischen Literatur werden wissensvermittelnde Textsorten und Schriften, die die religiöse Erfahrung in ihrer ganzen Breite abdecken (von der Kanonistik bis zur Mystik, von den Streitschriften bis zu den Predigten) dominant. Beim Publikum dieser Literatur gibt es ebenfalls eine Verschiebung: Immer mehr Laien sind in der Lage Latein zu lesen, eine neue literarische Öffentlichkeit konstituiert sich um die Universitäten. In den norditalienischen Städten erwacht ein Interesse an der antiken Literatur, fernab von jeder praktischen Nutzbarmachung, und ein Bestreben, Latein als Sprache der schönen Literatur zu etablieren und nach antiken Modellen zu formen. Wir nennen diese Bewegung Humanismus, sie wird in der Frühen Neuzeit einen europaweiten Einfluss ausüben.

In der Vorlesung werden wichtige Autoren und Textsorten vorgestellt; in der anschließenden Übung bekommt man die Gelegenheit, sie anhand von repräsentativen Textbeispielen kennenzulernen.

Lektüre: Visionsliteratur

(Kursorische Lektüre)
Philipp Roelli
Di 16-18

In dieser Lektüre wollen wir die mittelalterlichen Jenseitsvorstellungen anhand von Visionsbeschreibungen kennenlernen. Zunähst machen wir einen kurzen Abstecher zu den beiden wichtigsten antiken Quellen, der Vision von Er in Platos Staat und der Johannesapokalypse. Beide Texte sind im Original auf Griechisch; wir werden sie aber natürlich in lateinischen Übersetzungen anschauen.

Danach gehen wir ins Mittelalter, wo wir etwa ein halbes Dutzend besonders interessanter Visionen lesen werden, darunter die Visio Baronti aus karolingischer Zeitd die Visio Tnugdali und diejenige des Gottschalk aus dem Hochmittelalter. Natürlich sollen die beiden bedeutenden Visionärinnen und Mystikerinnen Hildegard von Bingen und Katharina von Siena auch zu Wort kommen.


- Literatur: Peter Dinzelbacher. Mittelalterliche Visionsliteratur. Eine Anthologie. Darmstadt 1989. MLS-Signatur Anth 4.1.13 [Einsicht fakultativ]

Spezialkurs Rhetorik- und Stillehre im Mittelalter

(Spezialkurs)
Darko Senekovic
Do 14
16

Die Rhetorik als Disziplin prägte im Mittelalter massgeblich die sprachliche Kommunikation. Einerseits bildete sie (zusammen mit der Grammatik und Dialektik) das Trivium, das seit der Spätantike und bis in die Neuzeit als Fundament der schulischen Bildung galt. Andererseits bot die Rhetorik für mittelalterliche Leser ein Grundgerüst für die Textanalyse und -deutung. Dieses hermeneutische Potenzial machte die aus der Antike übernommene Rhetoriklehre im Mittelalter sowohl im Bereich der Bibelexegese als auch im Umgang mit den antiken Autoren unentbehrlich. Nicht zuletzt beeinflusste die Rhetorik aber auch die Textproduktion im Mittelalter, und dies nicht nur in literarischen Texten oder Predigten, sondern sehr stark z. B. auch im gepflegten Urkundenstil, in der Epigraphik oder Geschichtsschreibung. Somit trägt die Kenntnis der mittelalterlichen Rhetorik wesentlich bei, die Texte aus dem Mittelalter in ihrem kulturellen Kontext zu lesen und besser zu verstehen.

In der Veranstaltung werden anhand der Lektüre von mittelalterlichen Texten zur Rhetorik- und Stillehre ausgewählte Aspekte des Phänomens behandelt und dadurch eine entsprechende «Toolbox» zur Erschliessung der Textquellen aus dem Mittelalter erarbeitet.

Seminar: Lateinische Grammatik im Mittelalter

(Seminar)
Carmen Cardelle de Hartmann mit Carla PicconeDi 1012

Die Grammatik gewinnt bereits im Frühmittelalter eine Schlüsselstellung in der Wissensvermittlung, denn Latein ist zwar keine Muttersprache mehr, aber eine unersetzliche Kultursprache, die man sich gründlich aneignen muss. In der Romania entwickelt sich die gesprochene Sprache weg von der Schriftsprache und außerdem werden germanisch- und keltischsprachige Völker für das Christentum und somit für die lateinische Kultur gewonnen. Man lernt Latein anhand der spätantiken Grammatiken. Da sie nicht alle Bereiche genügend abdecken, werden auch neue Formen der Sprachvermittlung entwickelt, sei es in Kommentaren zu den spätantiken Grammatikern, sei es in eigenständigen Schriften. Im Seminar werden wir uns mit ausgewählten Aspekten dieser Texte beschäftigen und einen Einblick in die methodischen Herausforderungen, mit denen Lateinlernende und -lehrende im Mittelalter konfrontiert waren, bekommen.

Lateinische sprachwissenschaftliche Lektüre: Bibelübersetzungen

(Spezialkurs, Rämistr. 68)
Christian Seidl
Mi 1416

Die Übersetzung von religiösen Texten wie der Bibel stellt an die Übersetzer bis auf den heutigen Tag besondere Herausforderungen (vgl. die “Bibel in gerechter Sprache”).

Im Einführungsteil stellen wir uns zunächst allgemeine Fragen aus der Übersetzungstheorie und beziehen dann auch die theoretischen Überlegungen von zwei prominenten Bibelübersetzern: dem Heiligen Hieronymus sowie von Martin Luther (“Sendbrief zum Dolmetschen”) mit ein. Danach lesen wir vergleichend ein paar bekanntere Stücke aus dem Alten (z. B. Schöpfung der Welt, Kain und Abel, Sintflut) und dem Neuen Testament (Weihnachtsgeschichte, Bergpredigt) in den ältesten lateinischen Übersetzungen, also der “Vetus Latina” und der “Vulgata” anhand der synoptischen Ausgaben der Erzabtei Beuron.

Wir stellen uns u. a. folgende Fragen: Wie eng bleiben die Übersetzungen am Original? Wie werden dem Latein fremde sprachliche Strukturen des Ursprungstextes wiedergegeben? An was für ein Zielpublikum richten sich die Übersetzungen? Was lässt sich aus den Texten für die lateinische Sprachgeschichte herauslesen?

Griechisch- bzw. Hebräischkenntnisse sind willkommen, aber nicht Bedingung.

Dissertandenkolloquium

(Kolloquium)
Ulrich Eigler, Manuel Baumbach und Carmen Cardelle de Hartmann

Mo 18
20 (alle zwei Wochen)

Weiterführende Informationen

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